7.
Apr.
2020

Vom Guten des Schlechten

Die Straßen sind leer. Wer es bis jetzt noch nicht so recht geglaubt hat, wird aktuell unverblümt damit konfrontiert: Wir müssen unsere feinausgearbeiteten Pläne über Bord werfen, alles ist anders als geplant. Das fühlt sich irgendwie irritierend an und auch ein wenig beängstigend. Ich habe in den letzten Wochen viele unterschiedliche Gefühlszustände erlebt. Faszination, Gelassenheit, Freude über die plötzlich gewonnene Auszeit, aber auch Angst und Beklemmung haben sich abwechselnd die Klinke in die Hand gegeben. Und so geht es wohl gerade vielen. Was tun? Gelingt es uns, aus der Krisenzeit für die Zukunft zu lernen und der Situation etwas Gutes abzugewinnen?

Wir Führungskräfte und UnternehmerInnen sind nun gefordert. Die Zeit des Redens ist vorbei, jetzt müssen wir Leadership wirklich leben. Aber wie tun, wenn man gar nicht weiß, was das Richtige ist? Aus meiner persönlichen Erfahrung als Führungskraft und aus der Begleitung vieler Teams in Entwicklungsprojekten verdichten sich für mich aktuell gerade ein paar Hebel, an denen wir ansetzen können, um eine kreative Kultur des Machens zu erzeugen.

Hoffnung geben

Auch wenn die Zeiten schwierig sind und die Zukunft völlig im Dunkeln liegt, brauchen wir alle ein positives Bild von der zukünftigen Welt, in der wir leben und arbeiten werden. Aus meiner Erfahrung hilft es ungemein, wenn Führungskräfte nicht Angst und Panik verbreiten, sondern bei aller realistischer Einschätzung und Ernsthaftigkeit Hoffnung für eine bessere Zeit geben. Damit wird Kreativität aktiviert und es kommt Bewegung ins Spiel. Jetzt hilft es, offen und ehrlich zu kommunizieren, was Sache ist, und in keiner Sekunde einen Zweifel am Erfolg aufkommenzulassen, im Sinne: „Wir wissen zwar noch nicht genau wie, aber dass wir es schaffen, daran gibt es keinen Zweifel!“

Selbstverantwortung fördern

Je schwieriger die Zeiten, desto größer ist die Verlockung auf strenge Regeln zurückzugreifen. Das zeigen auch die aktuellen Verordnungen zur Bekämpfung der Krise. Allzu restriktive Vorgaben unterdrücken allerdings das konstruktive und kritische Denken der Menschen und damit die Eigenverantwortung. Wenn alles klar geregelt ist und Sanktionen bei Nichtbefolgung drohen, werden unkonventionelle Ansätze oft im Keim erstickt. Dabei braucht es gerade in Zeiten der Krise helle und kritische Köpfe, die kreative Lösungen und völlig neue Ansätze denken können. Die gilt es, aus meiner Sicht, zu fördern und in einen offenen Diskurs einzubinden. Das ist anstrengend und auf den ersten Blick auch etwas riskant. Aber es lohnt sich.

Unterschiedlichkeit nutzen

Eine Situation, wie die aktuelle, haben wir in dieser Form noch nie erlebt. Dafür gibt es keine klare Handlungsanleitung. Wir bewegen uns auf Neuland. Wer wünscht sich da nicht eine Person, die die Richtung vorgibt und sagt, was zu tun ist? Doch sind wir ehrlich. Auch Führungskräfte haben gerade keine Ahnung was das Richtige ist. Wenn die Krise eines zeigt, dann, dass eine Person alleine die Herausforderungen der Zukunft nicht stemmen kann. Es braucht jetzt mehr denn je Führungspersönlichkeiten, die auf die Meinungen vieler unterschiedlicher Personen hören und ganz besonders jene Menschen einbinden, die einen völlig anderen Fach- und Denkzugang haben. Fach-Expertise ist zweifelsohne wichtig, doch entsteht da auch gerne Schwarmdummheit, wie Gunter Dueck es in seinem Buch so treffend formuliert. Zukünftig werden wir wohl noch viel stärker auf interdisziplinäre Teams setzen müssen, damit sich aus den unterschiedlichen Sichtweisen, Daten und Fakten kreative Lösungsansätze entwickeln.

Fragen stellen

Ob Führungskraft, Teammitglied oder EPU, in den ersten Tagen der Krise waren wir wohl alle mehr oder weniger handlungsunfähig. Ein Ohnmachtsgefühl hat sich breit gemacht. Langsam spüre ich, dass wieder Aktivität ins Spiel kommt. Uns bietet sich jetzt die große Chance, völlig neue Wege einzuschlagen. Doch wie zündet man den Kreativitätsturbo?

Ich versuche ganz bewusst den Druck rauszunehmen und mich auf Fragen zu fokussieren, die sich aus der Krise ergeben.
Welche positiven Aspekte der Krise kann ich für mich persönlich nutzen? Wo zeigt sich meine Resilienz?
Welche neuen Stärken und Kompetenzen entwicklen sich gerade bei mir gerade?
Was wollte ich schon immer tun, aber hatte bisher keine Gelegenheit oder Muße dazu?
Soll ich einfach eine zeitlang mein Unternehmen still legen ganz etwas anderes machen?

Fragen über Fragen, und täglich tauchen neue auf.
Welche Fragen stellt ihr euch gerade so?

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